Projekt Relais de la mémoire macht Station am Ulrichsgymnasium in Norden
NORDEN/ISH – In Workshops arbeiteten Jugendliche aus mehreren Nationen am Ulrichsgymnasium (UGN) gegen das Vergessen.

Am Schluss hielten sie alle ihre Smartphones in die Höhe, ließen die Taschenlampen leuchten, schwenkten die Arme. Vorn stand der Chor, standen die Jugendlichen mehrerer europäischer Städte und sangen „Dona Dona“ und „Wind of change“. Sie hatten vorher von ihren Wünschen für ein einiges Europa gesprochen, für ein Europa der Zukunft, das offen ist für alle Kulturen, das die Menschen annimmt, so wie sie sind, für ein Europa, das mit einer Stimme für die Menschenrechte eintritt und nicht zusieht, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken.
Die Vorsitzende des Relais de la mémoire, Anne-Marie Poutiers, war spürbar ergriffen. Sie selbst war Teil dieses Treffens, dessen Gastgeber zum zweiten Mal das Norder Ulrichsgymnasium gewesen ist. Relais de la mémoire – der „Staffelstab der Erinnerung“, wie wir es auch in dieser Zeitung schon öfter übersetzt haben. Aus der Erinnerung in der Gegenwart für die Zukunft aktiv werden, Zeitzeugen hören, ihre Geschichten bewahren, verinnerlichen und daraus Lehren ziehen für das, was bevorsteht. Das ist das Ziel der Vereinigung.
In fünf Arbeitsgruppen hatten die jungen Leute sich Gedanken gemacht zu Europa. Ist es in Gefahr? Was kann getan werden, das „Haus Europa“ zu stärken, ihm neue Ziele zu setzen? Sie waren künstlerisch aktiv, sie sangen für Europa, sie tanzten für Europa, sie stellten ihre Ängste und Hoffnungen in kurzen Theatersequenzen und mit Worten im Poetry Slam vor und wurden dafür frenetisch von Gästen und Zuschauern in der Aula des UGN gefeiert. Sie schlüpften dabei unter anderem in die Haut von Donald Trump oder Theresa May. „Bravo a tous!“, rief Anne-Marie Poutiers, „extraordinaire, fantastique.“ Diese Worte musste niemand übersetzen, Poutiers drückte aus, was alle in der Aula spürten: Von dieser Jugend geht Begeisterung aus, der unbedingte Wille, ein gemeinsames Europaweiter zu bauen.
Brexit? „We should be united, not divided“ (wir sollten vereint werden, nicht getrennt) lautete die deutliche Antwort. Miteinander – das war überall der Tenor und es war deutlich spürbar. Die jungen Leute machten es vor. Sie sprachen sich eindeutig für den Respekt aller Kulturen, die in Europa leben, aus und hinterfragten kritisch, was die Menschheit derzeit tut: „Ist das noch normal?“
Am Wochenende ging das Relais de la mémoire in Norden nach knapp vier Tagen zu Ende. Neben den Jugendlichen aus Norden nahmen Schüler aus den europäischen Städten Marseille, Paris, Newcastle und Wien daran teil. Neben anderen Unterstützern erhält das Projekt auch Gelder von Erasmus+, dem Programm zur Förderung von Bildung, Jugend und Sport der Europäischen Union.

Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 12.11.2019, Seite 3.