ENTWICKLUNGSHILFE Schüler der Klasse 10d des Norder Ulrichsgymnasiums besorgen Geld zum Bau eines Wasserspeichers
Vermeidung von Fluchtursachen ist einer der Gründe für die Aktion.
NORDEN/ELA – „Am Anfang“, so beschreibt es Petra Drüke, Lehrerin des Ulrichsgymnasiums Norden, „ stand eine ganz normale Erdkundestunde in der Klasse 10d während des Schuljahrs 2014/2015.“ Thema: Entwicklungshilfe. „Ich stellte den Schülern ein Projekt in Kenia vor, bei dem mithilfe von Spendengeldern Wasserspeicher für kenianische Schüler gebaut werden konnten.“

Dass aus dieser Stunde dann so viel mehr werden würde, dafür sorgten die jungen Leute selbst mit unglaublich viel Einsatz. Die Folge: Seit Kurzem haben Mädchen und Jungen der Ndauni Primary School, einer Schule im westafrikanischen Kenia, einen Wasserspeicher und damit Trinkwasser. Durch diese Speicher können auch die Mädchen dort zur Schule gehen, müssen kein Wasser holen.
Gebaut werden konnte dieser Speicher durch Spendengeld aus Norden. Damit „gehört das Ulrichsgymnasium zu einer Gruppe besonderer Schulen in Niedersachsen, die sich zur Vermeidung von Fluchtursachen in Afrika engagieren“, hebt Dr. Christoph Stein, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Vereins „Wasser für Kenia“ hervor. Damit hätten die Norder Schüler mit dazu beigetragen, dass die dortigen Menschen nicht zu Klimaflüchtlingen werden müssten.
Lehrerin Petra Drüke sagt, dass die Schüler spontan beschlossen hätten, sich an dem Projekt des Vereins„ Wasser für Kenia“ beteiligen zu wollen. In zwei Doppelstunden seien die Grundlagen dazu gelegt worden: „Die Klasse hatte sich intensiv mit dem Land, seiner Geografie und den besonderen Bedingungen der betroffenen Schulkinder auseinandergesetzt.“ Drüke: „Erste Plakate wurden gezeichnet, aus einem langen Film einer Hilfsorganisation ein Kurzfilm geschnitten, Spendendosen beklebt und in einem Reisebüro aufgestellt.“ Die ersten Euro spendeten die jungen Leute der 10d selbst, außerdem deren Eltern, Verwandte und Freunde. „In weiteren Klassen und Kursen wurde das Projekt dann vorgestellt und gesammelt.“ Weil die Zeugnisse näher rückten, habe sich der Enthusiasmus dann aber, so erinnert sich Petra Drüke, „erst einmal wieder im Schulalltag verlaufen“. Neuen Schub erhielt die Idee erst bei einer Projektwoche am Ende des Schuljahrs, die unter dem Thema „Come together“ stand. „Denn genau das wollten die Schüler: zusammenkommen, um zu helfen“, hebt Drüke hervor. Sie wollten helfen, dass Schüler in Kenia einen Wasserspeicher erhielten.
Es bildete sich während der Projektwoche schließlich eine Gruppe von Schülern aus der 10d, ergänzt durch weitere Zehntklässler und einen Oberstufenschüler: Laura Appelhagen, Wiko Barty, Ina Cera, Anke Dringenberg, Daike Gloy, Janna Grimm, Melissa Kahlke, Nina Kannacher, Nadja Kasolowsky, Dania Kemmerling- Karim, Teelke Meyenburg, Daaje Oldewurtel, Jule Onken, Stefan Palluck, Wenke Petersen, Thorben Pollmann, Stefan Rösecke, Mia Stürenburg, LisaThiem, BeritWalter, Viktoria Weis, Michel Zander bildeten diese Gruppe, so Erdkundelehrerin Petra Drüke. Die jungen Leute gestalteten Plakate und Spendendosen, mit denen Gruppen durch Norden und Norddeich liefen. Sie alle sammelten für das Projekt. „2000 Euro wurden gebraucht, um den Bau eines Sanddamms oder eines Wassertanks zu ermöglichen.“ Inzwischen war aus der Idee ein ganzes Schulprojekt geworden. Höhepunkt sei das Schulfest gewesen, betont Lehrerin Drüke. Nicht nur, dass die Schüler, die Eltern und die Lehrer Geld gaben. Zudem beteiligten sich auf kreative Weise auch die Schüler: Die Mitglieder der AG rührten immer wieder neuen Teig für den Waffelverkauf an und verkauften Papierblumen mit Schicksalen afrikanischer Kinder und Frauen. Die Projekte „Fleißige Schreiber“, „Let‘s cook together“, „Blumengeheimnis“, „Kreatives Schreiben“ und „Leben mit Behinderung“ stifteten ihre gesamten Einnahmen für „Wasser für Kenia“. Die Klasse 5d beteiligte sich ebenso an der Spendenaktion wie die 9g, die ihre Überschüsse von der Klassenfahrt stiftete. Die Bläserklasse spielte sehr erfolgreich für das Projekt. Am Ende habe die Schule dann 2500 Euro an den Verein„Wasser für Kenia“ überweisen können. „Ohrenbetäubender Jubel brach aus, als die Summe feststand.“
Petra Drüke macht deutlich, dass dieses gemeinsame Projekt des Ulrichsgymnasiums Norden und vieler Helfer und Spender deutlich mache, was „durch die Hilfsbereitschaft einer Klasse im Herbst 2014 und den Einsatz vieler Unterstützer aus dem UGN erreicht werden kann“.

Bericht von Alma und Dr. Christoph Stein
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Vereins „Wasser für Kenia“, Almut und Dr. Christoph Stein, bereisen derzeit auf eigene Kosten Kenia, um die Entwicklungsprojekte von acht niedersächsischen Schulen zu besuchen. Dies ist ihr Bericht, zu dem auch Fotos des Wasserprojekts des Norder Ulrichsgymnasiums gehören:
„Heute sind wir in eine der Gegenden des County Makueni aufgebrochen, die zu den ärmsten Gebieten Kenias zählen. Es ist jetzt das Ende der Regenzeit. Noch sind die meisten Bäume und Sträucher grün. Aber die Baobabs, die dicken Affenbrotbäume, haben schon alle Blätter abgeworfen und kündigen damit die beginnende Trockenzeit an, in der es rund vier Monate lang (Juni bis September) keinen Tropfen Regen geben wird. Kurz hinter der Bezirkshauptstadt Wote endet die letzte Teerstraße. Nach gut zwei Stunden Fahrt. Mit einem hochachsigen Vierradantrieb über staubige, schlaglochübersäte Pisten erreichen wir unser heutiges Ziel, die Ndauni Primary School.
Nachdem wir gründlich durchgeschüttelt worden sind, treffen wir auf die gesamte, in blaue Schuluniformen gekleidete Schülerschar, die schon aufgeregt auf uns gewartet hat. Im Rhythmus eines Willkommensliedes folgen wir ihnen zum Wassertank. Dann weiht der Priester mit etwas Wasser den Tank und beschließt die Zeremonie mit einem Gebet. Zum Schluss muss ich den Wasserhahn zum ersten Mal öffnen und darf einen Schluck probieren.
Wir werden darauf zum Versammlungsplatz geleitet. Unter einem großen Schattenbaum versammeln sich Erwachsene und Schüler. Wir nehmen gegenüber der Schulversammlung als Ehrengäste Platz. Es folgen von den Schülern für uns vorbereitete Darbietungen, bestehend aus Tanz, Lied und Sprechgesang, die das Thema Wasser zum Inhalt haben. Wir sind begeistert. Anschließend werden viele Reden gehalten und von uns ein Fußball übergeben.
Abschließend präsentieren einige Schüler stolz das Schild mit den Worten Asante Sana, das bedeutet auf Kisuaheli Vielen Dank. Fotos werden geschossen. Ein wunderschönes Ereignis geht zu Ende. Jeder möchte zum Abschied die Hand eines Mzungus (Weißen) angefasst haben.“

Etwa 6000 Schüler von acht niedersächsischen Schulen haben in einem Jahr 100000 Euro an Spenden gesammelt, so Dr. Christoph Stein. Mit dem Geld wurden „Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekte“ zur Minderung des Wassermangels in Kenia finanziert. Bezahlt werden nur Baumaterial und Lohn für wenige ausgebildete Handwerker. Gebaut werden die Wasserspeicher von den unter Wassermangel leidenden Menschen, überwiegend Frauen: Durch die von ihnen gebauten Wasserspeicher erhalten 6000 Afrikaner dauerhaft sauberes Trinkwasser. 1000 Mädchen können zur Schule gehen, anstatt Wasser holen zu müssen. Während die Politik noch diskutiere, wie die beiden wichtigsten Flüchtlingsströme vermindert werden könnten, hätten acht herausragende niedersächsische Schulen schon vor Jahr und Tag begonnen, Fluchtursachen in Afrika zu mindern, hebt der ehrenamtliche Mitarbeiter des Vereins „Wasser für Kenia hervor.
Weitere Informationen unter www.wasser-fuer-kenia.de.

Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 28.05.2016, Seite 4.