SCHULE Ausstellung zu Anne Frank im Ulrichsgymnasium geplant - Finanzierung steht noch nicht ganz

Für die anstehende Projektwoche am Gymnasium werden noch Zeitzeugen aus den 1930er-, 40er- und 50er-Jahren gesucht.

NORDEN/ISH – Eine Ausstellung über Anne Frank – warum gerade jetzt nach Norden? Was ist aktuell an ihrer Geschichte, was ist wichtig, und was haben die Norder damit zu tun?

Am 16. April wird „Ein Mädchen schreibt Geschichte“ in den Räumen des Norder Ulrichsgymnasiums (UGN) eröffnet, eine Ausstellung, die das Berliner Anne Frank Zentrum zur Verfügung stellt und seit 2012 deutschlandweit anzusehen ist. In Norden will man sie bewusst im Jubiläumsjahr – 450 Jahre UGN – präsentieren und mit ihr einen wichtigen Bogen schlagen zwischen Vergangenheit und Gegenwart Richtung Zukunft. Aktuell basteln die Organisatoren um Lehrer Dr. Jörg Rademacher an der Finanzierung. 10000 Euro, sagt Rademacher, kostet die Präsentation, die einen historischen und einen aktuellen Teil umfasst. Im Mittelpunkt steht die Geschichte von Anne Frank, das Leben ihrer Familie nach dem Umzug aus Frankfurt 1934 nach Amsterdam, die Zeit im Versteck ab Sommer 1942 bis zur Entdeckung zwei Jahre später, die Stationen in den Lagern Westerbork, Auschwitz und Bergen-Belsen, wo die junge 15 Jahre alte Tagebuchautorin starb.
Ihre Geschichte ist eingebettet in die „große“ Geschichte der Zeit damals, dazu kommt der aktuelle Bezug mit eigenenThemen, aufbereitet an Ausstellungstafeln und Säulen sowie Multimediastationen. Kernstück der Ausstellung ist zudem ein sogenannter „Gedankenraum“, ein abgetrenntes Zimmer, in dem Fragmente des Tagebuchs zu hören sind – als Erinnerung an die zweijährige Zeit der Familie in völliger Abgeschiedenheit, getrennt von allen sozialen Kontakten nach draußen, ohne Möglichkeit, sich auch nur im Kleinen frei zu bewegen.
Noch, sagt Rademacher, stehe die Finanzierung nicht. Er hofft auf Unterstützer egal woher, jeder Euro könne helfen, das Ganze zu stemmen. Ihm und dem Kollegium ist die Ausstellung aus vielerlei Gründen wichtig. Da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit für Schüler ab Jahrgang neun, sich an zwei Tagen (15. und 16. August) im Rahmen eines Seminars zu sogenannten „Peer Guides“ ausbilden zu lassen. Diese führen dann später Gruppen durch die Ausstellung, vermitteln, erklären, beantworten Fragen. Die „Peer Guides“ selbst können sich aufgrund dieser Tätigkeit später über das Berliner Anne Frank Zentrum für weitere Aktivitäten bewerben und ausbilden lassen.
Das Thema Anne Frank, ihr Leben, ihr Wirken sei auch heute noch hochaktuell, sagt Rademacher. „Sie hat gegen Verbote gekämpft“, erläutert er, „das ist auch eine direkte Ansprache an die Jugendlichen heute, sich nicht total zurückzuziehen.“ Aktiv werden gerade im Hinblick auf die derzeitigen weltweiten Entwicklungen, eben nicht still zu bleiben, alles kommentarlos hinzunehmen, was um einen herum passiert – Anne Frank nicht nur als Person der Zeitgeschichte wahrzunehmen, sondern auch die politische Dimension zu erkennen und gegebenenfalls selbst zu handeln.
Im Rahmen der diesjährigen Projektwoche an der Schule in der kommenden Woche ist indirekt auch diese Ausstellung Thema. 450 Jahre UGN – wie sah die jüngere Geschichte hier vor Ort aus? Was war eigentlich mit jüdischen Mitschülern? Hat sich jemand für sie interessiert, warum saßen sie plötzlich nicht mehr als Nachbar in der Klasse? Wer waren sie, wo sind sie geblieben? Und: Wer erinnert sich noch an diese Zeit, das Leben, den Alltag in den 1930er-, 40er-, 50er-Jahren? Eine Arbeitsgruppe wird sich im Rahmen eines Projektes auf Spurensuche begeben und wünscht sich derzeit vor allem eines: dass sich Zeitzeugen finden, sich erinnern, erzählen.Denn nichts ist lebendiger als persönlich erlebte und erzählte Geschichte.

Entnommen aus dem Ostfriesischen Kurier vom 10.06.2017, Seite 4.